Woche für das Leben 2021
Die ökumenische Woche für das Leben 2021 steht in diesem Jahr unter dem Thema »Leben im Sterben«. Nachdem sie im vergangenen Jahr aufgrund des bundesweiten Lockdowns nicht stattfinden konnte, wird die Sorge um Schwerkranke und sterbende Menschen durch palliative und seelsorgliche Begleitung sowie die allgemeine Zuwendung thematisch erneut aufgegriffen.
Menschen erhalten die Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung – nicht nur während der Corona-Pandemie. Die Wirklichkeit von Krankheit und Sterben kann uns zu jeder Zeit einholen, sei es am Ende eines langen Lebens oder mitten im Alltag oder schon kurz nach der Geburt eines Kindes. Dann stellen sich für die Betroffenen viele Fragen: Habe ich Chancen, geheilt zu werden? Wie gehe ich mit meinem schwerstkranken Kind um? Was passiert mit mir und meiner Familie, wenn es keine erfolgversprechende Therapie mehr gibt? Ängste kommen auf. Menschen fürchten sich vor starken Schmerzen, vor Einsamkeit oder dem Verlust der Kontrolle über das eigene Leben. Auch ungelöste Fragen nach Sinn und Schuld oder dem »Danach« können in der Nähe des Todes bedrängend sein. Die Hospiz- und Palliativversorgung erkennt diese ganzheitliche Bedürftigkeit des Menschen am Ende seines Lebens an. Gerade dann, wenn keine Aussicht auf medizinischen Heilungserfolg mehr besteht, gibt sie die Patientinnen und Patienten nicht auf, sondern nimmt sie umfassend in ihren physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnissen ernst. Wer unheilbar krank ist, verdient die bestmögliche Fürsorge und Pflege.
Als Kirchen ist es uns ein vorrangiges Anliegen, mit den vielen anderen Akteuren der Hospiz- und Palliativversorgung gemeinsam diese Verantwortung für Schwerkranke und Sterbende zu tragen und dabei deutlich zu machen, dass der Mensch in jeder Phase seines Lebens von Gott und von uns als Christinnen und Christen angenommen ist. Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen. Aus der Gottebenbildlichkeit des Menschen folgt für uns Christen seine unantastbare Würde, die uns verpflichtet, für den Schutz jedes menschlichen Lebens einzutreten. Dazu gehört es, Kranken und ihren Angehörigen in ihrer herausfordernden Situation beizustehen. Der christliche Glaube kann uns befähigen, ihnen dort eine verlässliche Hoffnung zuzusprechen, wo sie von existenziellem Leid umgeben sind und wo es allzu oft nur Sinnlosigkeit oder den Blick auf das Nichts zu geben scheint. Wir wissen: Gott ist mit uns. Im Angesicht des Todes sprechen wir von der Hoffnung auf Auferstehung, die aus dem Ostergeheimnis Jesu Christi erwächst und die allen Glaubenden geschenkt ist.
Diese Perspektiven möchten wir stark machen und uns damit gerade auch vor dem Hintergrund der sich in Deutschland zur Zeit verändernden Gesetzeslage hinsichtlich des Lebensendes für eine menschenwürdige Antwort auf die Bedürfnisse von Schwerkranken und Sterbenden einsetzen. Manche Menschen sehnen sich angesichts eines schweren Leidens und von Einsamkeit nach dem Tod. Oft kehrt aber ihr Lebenswille zurück, sobald sie liebevoll umsorgt und ihre Schmerzen wirksam gelindert werden. Wir wollen deshalb noch konsequenter als bisher einen bedarfsgerechten Ausbau der palliativen und hospizlichen Begleitung sowie eine umfassende Kultur des Lebens in unserer Gesellschaft fördern. Wir danken den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits haupt- oder ehrenamtlich in der Sterbebegleitung tätig sind. Sie leisten einen unersetzlichen Dienst der Nächstenliebe.
Solidarität mit sterbenden Mitmenschen kann jedoch nicht auf institutionalisierte Formen beschränkt sein. Deshalb laden wir mit der Woche für das Leben 2021 erneut dazu ein, sich mit dem Thema »Leben im Sterben« zu befassen und sensibel dafür zu werden, wer im eigenen konkreten Umfeld der mitmenschlichen Hilfe und Begleitung bedarf. Hierzu bieten wir ein – gegenüber 2020 erweitertes – Themenheft mit unterschiedlichen fachlichen Perspektiven sowie mit Vorschlägen für die Gestaltung eines ökumenischen Gottesdienstes an. Wir freuen uns, wenn Sie sich zahlreich und engagiert an der Woche für das Leben beteiligen!
Bischof Dr. Georg Bätzing und Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm