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Das geistliche Wort im Juni/Juli

Unzählige Male schon bin ich an der kleinen Kugelrobinie vorbeigegangen, die vor der Antoniuskirche in Wickrath steht. Doch vor einigen Tagen erst fiel mir auf, dass man sie wohl schon vor längerer Zeit so richtig „gestutzt“ hat! Ratzfatz fast alles abgesägt!
Datum:
1. Juni 2024
Von:
Gabi Rütten, Gemeindereferentin

Trotzdem!

 Mutig treibt sie aber an ungewöhnlicher Stelle einen neuen kleinen Zweig hervor, der nun auch frische grüne Blätter trägt. Der Gärtner sagte mir, dass dieser radikale Schnitt nötig gewesen sei, da der Baum in seinem alten Geäst krank und nicht mehr lebensfähig gewesen sei.

Mich hat der gekappte Baum angerührt. Er wächst und gedeiht trotz der massiven Einschnitte. Neues Leben wird sichtbar in seinen kleinen Blättern, auch wenn seine schicke Kugelform nun erst einmal ruiniert ist. „Ist es bei mir eigentlich auch so?“ habe ich mich gefragt, während ich nachdenklich den neuen Trieb betrachtete. „Wie gehe ich mit Enttäuschungen und Verlusten, mit Niederlagen und Verletzungen um?“

Ich kann von dem Bäumchen viel lernen, das habe ich schnell erkannt. Nicht Rückzug und Resignation sind angesagt, nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern Vertrauen in das Leben und in die eigene Kraft – mag sie auch noch so klein sein. Neuer Mut, Lebens-Mut! Sich nach oben strecken, der Sonne, dem Licht, der Wärme entgegen. Langsam zwar und in ungewöhnlichen Formen – der Baum wächst ja quasi „um die Ecke“ – aber stetig.

Kann das nicht ein Sinnbild für uns als Christinnen und Christen heute sein? Altes und Liebgewonnenes, Gewohntes und Vertrautes in unserer Kirche müssen wir in diesen Tagen zurücklassen. Abschied nehmen. Das ist schmerzhaft und traurig. Und nicht leicht. Aber genau wie die kleine Robinie haben auch wir starke und lebendige Wurzeln. Wurzeln, die uns mit dem versorgen, was wir zum Gedeihen brauchen. Wurzeln im Glauben, die uns Halt und Hoffnung geben können. Damit wir uns der Sonne, dem Licht, der Wärme entgegenstrecken können.
Dem Himmel entgegen. Der in uns, durch uns und mit uns wachsen und gedeihen und blühen kann.

Trotzdem!